VR-Bank-Hochschulpreis 2022: Mobilitätskonzept für den Kreis SL-FL

Untersuchung von Mobilitätskonzepten für einen kommunalen Betrieb

Die VR-BANK NORD eG und die HOCHSCHULE FLENSBURG vergeben in diesem Jahr erneut den mit insgesamt 6.000 Euro dotierten VR-Bank-Hochschulpreis, um herausragende akademische Leistungen der Studierenden der HOCHSCHULE FLENSBURG aus allen Fachbereichen zu würdigen. In die engere Auswahl können alle entsprechenden hervorragenden Flensburger Dissertationen, exzellente wissenschaftliche Arbeiten Studierender aus den Bachelor- und Masterprogrammen der Hochschule Flensburg, die mindestens mit der Note „gut“ bewertet wurden, kommen [1].

Nominiert und prämiert ist ….

Roßberg, Morten: Untersuchung von Mobilitätskonzepten für einen kommunalen Betrieb (B, 2021): Aufgrund des gesellschaftlichen und politischen Bedarfes müssen auch kommunale Fahrzeuge auf nachhaltige Betriebskonzepte umgestellt werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist für ein exemplarisches, kommunales Unternehmen eine Machbarkeitsstudie vorzulegen. Dazu ist (1) eine Methoden- und Vorgehensweiseplanung im Sinne des Projektmanagements nach DIN 69901 vorzulegen (Projekt-Struktur-Plan, Rahmenterminplan mit Arbeitspakten und Meilensteinen), (2) der aktuelle Stand des Wissens und der Technik darzustellen, (3) die Randbedingungen für das zu beplanende Mobilitätskonzept des Unternehmens zu beschreiben und (4) geeignete Planungs- und Prognosewerkzeuge für einen konkreten Betrieb und mögliche Optionen zu identifizieren sowie (5) im Sinne der VDI-Richtlinie 2221 Nutzwertanalyse, VDI 2222 „Konstruktionsmethodik – Konzipieren technischer Produkte“ und/oder der VDI-Richtlinie 2225 „Technisch-wirtschaftliches Konstruieren“ ist eine Lösungsstrategie zu begründen und zu beschreiben. Basierend auf diesen „Idealvorstellungen“ ist (6) im Rahmen einer Marktrecherche die Machbarkeit zu untersuchen. Die Arbeit wird fachlich durch die Abteilung Regionalentwicklung beim Kreis Schleswig-Flensburg unterstützt [3].

Regionalbezug und fachliche Einordnung

Die Arbeit bindet sich in die wissenschaftliche Begleitung zur Entwicklung einer Wasserstoffstrategie für den Kreis Schleswig-Flensburg mit ein [2]:

Projektstatusbericht
  1. Der Kreistag des Kreises SL-FL hat am 30. Sept. 2020 beschlossen, auf Grundlage der Bundes- und Landesstrategie als drittgrößter Windstromproduzent in Schleswig-Holstein mit 1 GW Nennleistung eine eigene Strategie zu entwickeln.
  2. Die Abteilung „Regionalentwicklung“ der Kreisverwaltung ist – zusammen mit der Regional- und Entwicklungsgesellschaft des Kreises – mit der Planung und Umsetzung beauftragt.
  3. Die HOCHSCHULE FLENSBURG begleitet mit studentischen Projekt- und Abschlussarbeiten diesen Prozess. Dazu wurde auf Grundlage
  4. der bisherigen Erfahrungen an der HOCHSCHULE FLENSBURG und
  5. den formalen Randbedingungen der Bundes- und Landesstrategie
  6. eine Methoden- und Vorgehensplanung vorgelegt sowie
  7. eine regionale Bestandsaufnahme durchgeführt.
  8. Anhand bestehender Windparks, die teilweise in nächster Zeit die Förderung aus dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) verlassen, wurde eine Potentialabschätzung durchgeführt. Dabei ist festzustellen, dass – wegen der Windverteilung – im Jahresmittel ca. 25% der Nennleistung für eine Wasserstofferzeugung zur Verfügung stehen kann. Im Winter mehr, im Sommer etwas weniger. Die Windverteilung ist hier „die größte Störgröße“, die durch technische Maßnahmen nicht verändert werden kann.
  9. Verbindet man diese Aussage mit den Leistungsmerkmalen der Elektrolyse muss festgestellt werden,
  10. pro Kilogramm Wasserstoff werden ca. 55 kWh Energie und mind. 9 Kilogramm aufbereitetes Wasser benötigt;
  11. es sind also erhebliche Energie- und Wassermengen bereitzustellen;
  12. der Elektrolyseur wird dabei sehr ungünstigen, starken Schwankungen ausgesetzt – mal unterfordert – mal überfordert.
  13. Das bedeutet am Beispiel einer Windkraftanlage mit 1-MW-Nennleistung:
  14. Die durchschnittliche Leistung beträgt im Jahresmittel 250 Kilowatt,
  15. mit 55 kWh/kg Wasserstoff wären also ca. 4 bis 5 kg Wasserstoff pro Stunde oder
  16. 110 kg Wasserstoff pro Tag im Jahresmittel produzierbar,
  17. dazu ist die 9-fache Menge aufbereitetes (!) Wasser, also ca. 9 x 4,5 kg/h = 40 kg/h, bereitzustellen,
  18. unter Berücksichtigung der Osmose Beaufschlagung nochmals die 5fache Brauchwassermenge (Regen-, Ab- oder Seewasser) – somit 5 x 40 kg/h = 200 kg/h Rohwasser (45-fache Wassermenge pro Kilogramm Wasserstoff) UND
  19. die Investitions-, Betriebs- und Logistikkosten zu betrachten.
  20. Ein Zwischenfazit als 3-minütiges YOUTUBE-Video wurde am 1. Dez. 2020 auf dem FUTURE ENERGIES SCIENCE MATCH des TAGESSPIEGELs gegeben.
  21. Parallel wurden die Anforderungen an die Wasseraufbereitung zur Wasserstofferzeugung beschrieben, um als „Hand-Out Basiswissen“ für die studentischen Arbeiten zu dienen. Da das Wasser sowieso aufbereitet werden muss, kann Regen-, Ab- oder Seewasser verwendet werden.
  22. Potentialabschätzung für den Kreis insgesamt:
  23. Installierte Nennleistung im Kreis SL-FL: 1 GW = 1000 MW = 1.000.000 kW,
  24. verfügbar aufgrund der Windverteilung 250 MW im Jahresmittel,
  25. Wasserstoffprognose total: 250 MW x 4,5 kg H2/h / MW = 1.125 kg Wasserstoff pro Std.
  26. Als Benzin- oder Dieseläquivalent ca. 3facher Energieinhalt, also: 1.125 kg/h x 3 = 3.375 kg/h konventionelle Kraftstoff – bzw. bei ca. 800 kg/m³ entspricht dies ca. 3.375/800 = ca. 4,2 m³ oder 4219 Ltr Benzin- oder Dieselersatz pro Std. kreisweit theoretisch möglich.
  27. Wasserbedarf 1125 kg/h x 45 = 50.625 kg Wasser pro Std.= 50 m³/h
  28. Aufgrund der Mengen wird eine zentrale Elektrolyse nebst Wasseraufbereitung und auch eine Risikoanalyse empfohlen.
  29. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung sind verschiedene Produktions- und Anwendungsfelder zu untersuchen. Die Bearbeitung erfolgt projektbegleitend durch studentische Projekt- und Abschlussarbeiten. Die weiteren geplanten Schritte orientieren sich an der empfohlenen Vorgehensweise zum Innovationsmanagement. Zu berücksichtigen sind dabei die wichtige „Treiber“ für technologische Entwicklungen sowie ein probates Risikomanagement.
  30. Zu den Mobilitätskonzepten sind Folgearbeiten in Arbeit. Die nachfolgenden Ausführungen geben den aktuellen Stand sowie Einblicke und Ausblicke zum o.g. Datum. Der Projektstatus wird zur Diskussion gestellt.

„Es ist eine besondere Stärke der HOCHSCHULEN FÜR ANGEWANDTEN WISSENSCHAFTEN (ex Fachhochschulen), dass sie mit ihrem Praxisbezug direkt an der Schnittstelle zur regionalen Wirtschaft arbeiten. Es ist eine besondere Freude zu sehen, wie in dem Beziehungsdreieck Studierende-Unternehmen-Hochschule Mehrwerte und Innovationen in und für die Region geschaffen werden. Ich bin froh und dankbar, dass ich diese Arbeit begleiten durfte“

Bewertung

Im Rahmen des Projektes konnten bereits mehrere Projekt- und Abschlussarbeiten vorgelegt werden. Die Arbeit von Herrn ROßBERG zeichnet sich aus durch

  • sehr selbstständige Bearbeitung, hohem Fleiß, Eigeninitiative und Kreativität,
  • trotz zahlreicher Widrigkeiten im Projektverlauf,
  • hohe „Kundeneinbindung“ und „Kundenkontakt“ zur Auftraggeberin,
  • konstruktiven Umgang mit „externen Störgrößen“.
  • Gliederung und formaler Aufbau sind fachlich angemessen und erfüllen ingenieurwissenschaftliche Standards.

Die abschließenden Bewertungen und Empfehlungen berücksichtigen die gesellschaftlich relevanten Teilaspekte und Perspektiven. Die Empfehlungen zur weiteren Prüfung und tiefer greifenden regionalen Machbarkeitsstudien erscheinen plausible, sinnvoll und zielführend.

Verweise

  1. https://www.vrbanknord.de/wir-fuer-sie/engagement/vr-bank-hochschulpreis.html
  2. https://holgerwatter.wordpress.com/2020/10/27/regionalentwicklung-gemeinsam-gestalten/
  3. Roßberg, Morten: Untersuchung von alternativen nachhaltigen Mobilitätskonzepten – Technische Produktentwicklung zur Einsatzmöglichkeit von Bussen mit alternativen Antrieben in Regionalbuslinien, Abschlussarbeit, Hochschule Flensburg, Jan. 2022.

Kontakt

Hinterlasse einen Kommentar